„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Lebensmittel-„Experte“ fordert
14. Februar 2007 Kolumne
Pommes statt Salat!
Chicoréesalat: senkt den Blutdruck
Chicoréesalat: senkt den Blutdruck
Pollmer poltert wieder. Und wieder wie schon früher stehen die Medien geschlossen stramm. Immer, wenn sich dieser selbsternannte Ernährungs-„Experte“ mit seinen provokanten Thesen zu Wort meldet, geben ihm Blätter wie Spiegel, Manager Magazin, Bild (dort sogar Titelschlagzeile), aber auch die biedere Badische Zeitung, breiten Raum.
Udo Pollmers Masche ist einfach: Er sagt einfach immer das Gegenteil von dem, was gängige Lehre ist. So behauptet er etwa, Zucker habe nichts mit Diabetes zu tun. Wer einmal nach einer Flasche Cola seinen Blutzucker gemessen hat, weiß, was für ein Unsinn das ist.
Aber der Lieblingsfeind des 52jährigen ist der Salat: „Der Nährwert eines Salates entspricht etwa einem Papiertaschentuch und einem Glas Wasser“, kalauert Pollmer, der wahrscheinlich schon zum Frühstück Tempo-Taschentücher verschlingt. Aber was ist nun wirklich dran und drin im Salat? Zweierlei. Erst einmal zum Inhalt. Da zitiere ich, bezogen auf den Chicorée, aus dem Standardwerk für gesunde Ernährung „Die 100 wichtigsten Lebensmittel“ des Arztes und Apothekers Dr. Siegfried Schlett:
„Seine Stärke liegt in den enthaltenen Ballaststoffen und natürlich in der reichhaltigen Palette an Mineralstoffen (Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor) Spurenelementen (Eisen, Zink, Kupfer, Mangan und Selen), Vitaminen (Betacarotin, B1, B2, Niacin, Folsäure und Vitamine C, E und K). Die im Chicorée enthaltenen Bitterstoffe wirken beruhigend und fördern den gesunden Schlaf. Außerdem stimulieren sie die Leber, mehr Gallenflüssigkeit zu bilden. Die Folge sind eine bessere Fettverdauung, ein Absinken des Cholesterinspiegels und des Blutdrucks“.
Sie schlafen gut, der Blutdruck sinkt. Aber der Salat kann noch mehr, er hat auch eine psychologische Komponente: Wird er zu Beginn einer Mahlzeit gegessen, signalisiert er über sein bloßes Volumen dem Gehirn, „Nahrung ist im Anmarsch“. Mit der Folge, daß hinterher weniger gegessen wird. Außerdem wirkt der Essig aus dem Dressing resorptionsverzögernd, so daß die dickmachenden Kohlehydrate nicht so schnell ins Blut gelangen.
„Resorptionsverzögernd“, das klingt natürlich nicht so prickelnd wie die populäre Pollmer-Forderung „Pommes statt Salat“, schließlich enthielten die frittierten Stangen auch einige Vitamine. Klar doch, fragt sich nur, wie viele davon nach dem Fettbad noch übrig sind.
Warum schreibe ich so ausführlich über Pollmer? Weil die Menschen so in die Irre geführt werden, statt sich gesund zu ernähren, sinnlos Fett in sich reinschlingen, dick werden, Diabetes bekommen – und die Gesundheitssysteme belasten. Auf 15 bis 20 Milliarden Euro schätzt Prof. Dr. Jan Schulze, Präsident der Sächischen Landesärztekammer, allein für Deutschland die Kosten von Über- und Fehlernährung.
Wie wäre es, dem Zündler Pollmer und den ihn hofierenden Medien einen saftigen Strafzettel einschließlich einem drastischen Gebührenbescheid zu schicken. Begründung: „Wegen Beteiligung an einer Kampagne zur Volksverfettung Deutschlands“.
Damit Sie nicht fett werden, unter „Saisonale Rezepte“ ein Rezept von mir für einen Chicoréesalat.
Übersicht KolumneNach oben