„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Steigende Lebensmittelpreise
10. August 2007 Kolumne
Endlich wird´s teurer!
Bleiben billig: „Gaishirtle“-Birnen
Bleiben billig: „Gaishirtle“-Birnen
Es war für mich eine der besten Nachrichten der vergangenen Jahre: Die Ankündigung einer deutlichen Anhebung der Preise für Milch und daraus gefertigte Produkte, wie etwa Käse. Wobei im Gefolge davon nun auch endlich andere Lebens-Mittel (Mittel zum Leben), wie etwa Fleisch, teurer werden sollen.
Warum meine Freude? Weil Lebensmittel bei uns seit langem viel zu billig sind. Gaben die Deutschen in den 50er-Jahren noch rund die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus, so ist dieser Prozentsatz inzwischen auf um die zehn Prozent gesunken. Wobei die essensgeizigen Deutschen hier eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen, wohingegen etwa die Franzosen wesentlich mehr Geld in die Versorgung ihres Körpers mit hochwertigen Nahrungsmitteln investieren.
Welche Folge die geizgeile Mentalität der Deutschen, die quasi zur heimlichen Staatsreligion geworden ist, für die Bauern hat, habe ich einmal im heimischen Schwarzwald besichtigen können: Dort halten Bauern noch die hochwertige alte Rasse Hinterwälder Rind, lassen das Vieh im Sommer auf steilen, wildgrassatten Wiesen weiden, verzichten auf schnelle Masttricks, die nur den Fettgehalt, aber nicht den wertvollen Muskelaufbau befördern. Heraus kommt ein hochwertiges Fleisch, das auch noch unvergleichlich schmeckt. Nur: Als ich die Ställe, die Häuser der Bergbauern gesehen habe, wusste ich, die leben am Rande der Armutsgrenze.
Ein breiter Anstieg der Lebens-Mittel-Preise könnte diesen Bauern, aber auch allen anderen Produzenten hochwertiger Nahrungsmittel endlich zu einem auskömmlichen Einkommen verhelfen, sodaß solche Produkte verstärkt auf den Markt kommen. Was das mit Diabetes zu tun hat? Ganz viel, denn der übermäßige Konsum minderwertiger Nahrung ist einer der wesentlichen Gründe für die Explosion des Lebensstil-Diabetes. Was der Einzelne also vermeintlich „spart“, weil er billig einkauft, bürdet er der Gesellschaft in Form von Krankheitskosten wieder auf.
Übrigens: Geben die Leute für die Ernährung grad mal zehn Prozent des Einkommens aus, sind es für die Mobilität 15 Prozent. Schließlich ist fürs „heilig Blechle“ keine Ausgabe zu hoch, muß es billiges Salatöl sein, um Geld für teures Motorenöl zu haben. Da wird sich sicher in Zukunft was ändern, schrieb neulich ein Kolumnist der „Süddeutschen“. Sein Vorschlag: Kleinere Autos.
Noch ein Tip für alle, die es weiter gerne billig wollen: Direkt bei den Bauern einkaufen: Neulich habe ich in Schlat bei Göppingen „Gaishirtle“-Birnen gekauft. Die kleinen Birnen, die sich nicht lagern lassen, schmecken unvergleichlich gut – und kosten so wenig, daß es selbst einem „Geiz-ist-geil"-Manager die Schamröte ins Gesicht treiben würde: Rund 1 Euro das Kilo.
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