„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Diese Seefahrt, die ist lausig
22. August 2008 Kolumne
Tour de Neid
Laut und teuer: Hotel Schloss Velden
Laut und teuer: Hotel Schloss Velden
Scheinbar stimmte alles an diesem milden Sonntag morgen: Smaragd-grüner Wörthersee, die aufgeräumte Stimmung der Festgesellschaft, die mit einer Rundfahrt einen 65. Geburtstag ausklingen lassen wollte. Wäre da nicht Käpt´n Didi gewesen, die jovial-hinterhältige Giftspritze des gepflegten Neids.
Alles, was er in Worte fasste, geriet zur monströsen Zahl. Seine Schiffsfahrt war eine „Tour de Neid“, die zu jeder Villa der Flicks, der Hortens, der Piechs, der Waffenhändler, der Fondsspekulanten, der Handelsmagnaten nur eines wusste: Was es gekostet hat. Meist waren es zweistellige Millionenbeträge, die in die luxuriösen Landsitze direkt am Wasser geflossen sind. Auch beim Roy-Black-berühmten, jüngst mit dreistelligen Millionensummen wieder aufgetakelten Schloss Velden waren es vor allem die vierstelligen Euro-Preise der Suiten, die den Gästen um die Ohren gehauen wurden. Wobei der wackere Didi ganz vergaß zu erwähnen, dass vor dem Hotel eine laute Straße vorbeiführt.
Dafür hatte er dann seine drittklassigen Scherze über eines der spannendsten Hotels am Kärntner Promi-See parat, nämlich das „Viva Mayr Hotel“, wo es eine aufregende Zukunftsküche gibt. Weil da aber kein Alkohol ausgeschenkt wird, meinte Plauderer Didi, dass die Gäste wohl auch zum Essen Weihrauch-Kerzen anzünden müssten. Gesund passt halt nicht ins Neid-Bild.
„Da muss ich wohl noch lange sparen“, meinte resignierend der wohlhabende Fabrikant neben mir. Denn selbst an ihm, der viel erreicht hatte, nagte plötzlich das Gefühl, ein Versager zu sein.
Warum ich das erzähle: Weil überall die Didis lauern. Sie heißen nur anders, etwa Gala oder Bunte, welche den Menschen dauernd eine zu erstrebende Scheinwelt vorgaukeln oder Heidi Klum, die den jungen Mädchen die pervertierte Modelwelt als Ideal verkauft. Eine typische Folge dieses geschürten Neids: Die Menschen finden nicht mehr zu ihrem inneren Gleichgewicht, sind ständig unzufrieden, finden sich nicht schön, nicht reich genug. Eine Gefühlslage, welche vielen Krankheiten, wie etwa dem Diabetes, ein perfektes Einfalllstor bietet.
Für meinen Teil habe ich den bösen Didi-Geist ganz praktisch vertrieben: Mit einer großen Runde schwimmen im herrlich kühlen See. Plötzlich verschwammen dabei die Neidobjekte zu etwas ganz Normalen: Zu Häusern am See.
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