„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Heiß diskutierte Frage
6. April 2010 Kolumne
Ist Diabetes heilbar?
Das werde ich immer wieder gefragt. Und immer antworte ich darauf mit nur einem Wort: „Nein!“. Das gilt sowieso für den Typ-1-Diabetes, eine Krankheit, bei der ohne die Gabe von Insulin ein Überleben nicht möglich ist. Das gilt aber auch für den Lebensstil – oder Typ-2-Diabetes, eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung. Trotzdem sage ich – und ganz viele andere, die es geschafft haben: „Ich habe meinen Lifestyle-Diabetes besiegt“. Ein Widerspruch? Eine Wortklauberei?
Nein, denn dieser Sieg ist für viele Menschen möglich, sodass sie selbst einen manifesten Diabetes wieder ins Stadium einer Veranlagung zurückdrängen können, vor allem durch eine Änderung des Lebensstils, durch eine klug zusammengestellte Küche, durch lustvolle Bewegung – am besten regelmäßig durch die Messung des Blutzuckers überwacht, denn der Diabetes selbst tut nicht weh, macht sich erst durch Folgeerkrankungen bemerkbar, etwa eine beginnende Blindheit. Beschrieben habe ich diesen Weg, bei dem oft sogar keine Medikamente mehr notwendig sind, in dem Buch „Messen. Essen. Laufen. Fit wie ein Diabetiker“.
Aber: Es ist ein zeitlich begrenzter Sieg, kein Heilen. Denn würde ich wieder in den alten Schlendrian zurückfallen, würde ich genau so wie die anderen temporären „Zucker-Sieger“ bald wieder die überhöhten Werte haben, bemerkbar am hohen Nüchternzucker von über 100 mg/dl (5,6 mmol/l), an den gefürchteten „Zuckerspitzen“ nach dem Essen, vor allem am überhöhten Langzeitwert HbA1c von mehr als den geforderten 6,5 Prozent – wobei sich bei mir dieser Wert zum Höhepunkt meiner „Zuckerkarriere“ vor über zehn Jahren auch schon mal bei über 10 Prozent eingenistet hatte, ein Stadium, wo bleibende Schäden anfangen, was ich knapp noch mal verhindern konnte.
Wie ein Langzeitwert von über 10 Prozent zu „schaffen“ ist, hat mir mal ein renommierter Diabetes-Professor erklärt: „Nicht bewegen, möglichst nur abends essen, bevorzugt Fast Food möglichst schnell herunter schlingen, bloß kein frisches Gemüse, viel Cola und Süßgetränke konsumieren, dann müsste nach rund acht Wochen wieder ein manifester Diabetes zu diagnostizieren sein“. Das wollte ich natürlich sofort ausprobieren. Doch unerwartet rüde hielt mich der Arzt von diesem Experiment ab: „Sie würden Ihren Körper vorsätzlich schädigen, außerdem geht es viel schneller, den Blutzuckerspiegel dauerhaft hochzutreiben, als ihn hinterher wieder in ein langfristiges Gleichgewicht zu bringen“.
Also, habe ich es gelassen – und genieße seit nun über zehn Jahren meinen medikamentenfreien Weg. Ganz Hartnäckige fragen dennoch unverdrossen weiter: „Ja, gut, der Diabetes ist erst mal besiegt, aber sind Sie nun trotzdem noch Diabetiker?“ Da antworte ich ganz stolz: „Ja, aber ein fitter!“
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