„Der Diabetes-Manager“
FAZ
Lauber-Methode im Wertewandel
19. Mai 2015 Kolumne
Vom „Königsweg“ zum Holzweg?
Als „Königsweg“ wurde meine Methode überschwänglich gelobt. Endet sie nun als kläglicher Holzweg? Ich bin mir da nicht ganz sicher. Sicher bin ich mir aber, dass mein neues Kochbuch „Heimatküche für Diabetiker“, wo es auch ein Kirschtortenrezept gibt, im Herbst erscheint
Rund wie ein Bollerhut: Schwarzwälder Kirschtorte
Rund wie ein Bollerhut: Schwarzwälder Kirschtorte
Ein Satz wie ein Ritterschlag: „Einen Paradigmenwechsel hat Hans Lauber in der deutschen Diabetologie eingeleitet – seine Methode der Lebensstiländerung ist nun der Königsweg“. Das schrieb der Düsseldorfer Diabetologe Prof. Stephan Martin im Jahre 2004 im Vorwort meines Erfolgsbuches „Fit wie ein Diabetiker“. Die Kernthesen des Werks, „Diabetes als Chance“ und „Aktienten statt Patienten“, begeisterten auch die Öffentlichkeit. Ich wurde ins Fernsehen eingeladen, hielt viele Vorträge bei Kassen und Apotheken, hatte eigene Kolumnen, große Beiträge in Magazinen. Besonders exemplarisch äußerte sich der renommierte Arzt Prof. Werner Scherbaum, der den Lifestyle-Diabetikern (so nannte ich den Typ-2-Diabetes damals) allen ernstes empfahl: „Werden Sie ein Lauber“.
Und heute? Heute ist der Hype vorbei. Sicher, meine Diabetes-Bücher verkaufen sich immer noch gut. Immer noch halte ich Vorträge, etwa am 18. Juni in Frankfurt zur Eröffnung meines Diabetes-Gartens, schreibe regelmäßig meinen Blog bei www.diabetes-online.de Aber der Schwung, die Aufbruchsstimmung, dieses „Du kannst es schaffen, der Diabetes ist besiegbar“ (nicht heilbar, das habe ich nie geschrieben) von damals sind verflogen. Woran liegt das?
Nun, der Paradigmenwechsel war wohl doch nicht so tiefgreifend, wie erhofft. Obwohl ich mit meinen Büchern, meinen Aktivitäten über 100 000 Menschen erreicht habe, ist mein Weg aus „Messen. Essen. Laufen.“ halt doch keine breite Bewegung geworden. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist mein Weg der Eigenverantwortung kein bequemer Weg, muss immer wieder erarbeitet werden – auch von mir, dem der aktuelle Langzeitzuckerwert von 6,3 Prozent (und das ohne Medikamente) auch nicht in den Schoß fällt. Zum anderen glauben viele Ärzte bis heute nicht, dass der Weg wirklich langfristig funktioniert – und die Patienten sind natürlich auch dankbar, wenn sie statt Turnschuhen eine Pille verordnet kriegen – wobei inzwischen sogar über „Sport als Pille“ diskutiert wird, was natürlich pillepalle ist.
Von Prof. Fritsche veralbert: Mut machende Diabetes-Bücher
Was mich aber richtig wütend macht, was ich als Frechheit empfinde: Wenn sich Leute über meinen präventiven Ansatz lustig machen, der so vielen Menschen Mut gemacht, geholfen hat. So hatte ich kürzlich die zweifelhafte „Ehre“, einem Vortrag des Tübinger Diabetologen Prof. Andreas Fritsche beizuwohnen. Der spöttelte über die scheinbar vergeblichen Versuche, die grassierende Diabetes-Epidemie mit generellen Ansätzen zu stoppen – und nannte neben anderen auch mich als einen „der NOCH ein Buch schreibt“. Wobei brav alle Titel von mir abgebildet waren, „Werbung“ auf die ich gerne verzichte. Nun ist Prof. Fritsche sicher nicht maßgebend für die deutsche Diabetologie, aber er ist auch nicht irgendwer: Schließlich war er Pressesprecher der mächtigen Deutschen Diabetes Gesellschaft, wurde von der Organisation gerade mit einem wichtigen Preis geehrt.
Ist mein „Königsweg“ nun also zum Holzweg verkommen? Das glaube ich nicht. Denn zu groß ist der langfristige Problemdruck. Jedes Jahr kommen über 300 000 neue Typ-2-Diabetiker dazu, wir nähern uns allein in Deutschland der Zehn-Millionen-Grenze – und selbst das scheinbar unendlich reiche Deutschland kann so viele Betroffene auf Dauer nicht allein medikamentös versorgen. Da wird schon in naher Zukunft sehr viel stärker wieder die Eigeninitiative gefordert sein, werden all die Ärzte, die schon jetzt intensiv mit ihren Patienten um praktikable Lösungen ringen, wieder einen ganz anderen Stellenwert erhalten.
Muss endlich vernünftig honoriert werden: Prävention
Was wir dafür brauchen, ist ein neuerlicher Paradigmenwechsel, einer der nun tatsächlich die eigenen Anstrengungen zwingend einfordert. Wie wird der gelingen? Darauf hat mir der Münchner Diabetologe Prof. Hans Hauner in einem Gespräch für mein Buch „ZUCKER ZÄHMEN“ auf die Frage „Warum greifen die Ärzte so schnell zum Rezeptblock?“ diese Antwort gegeben: „Das liegt ganz stark auch an den Vergütungsstrukturen. Für die Einleitung einer Insulin-Therapie wird der Arzt vergütet. Für die Erziehung zur Änderung des Lebensstils erhält er kein Honorar“.
Ohne Moos nix los. Da ist es in der Medizin wie überall im richtigen Leben. Aber es geht nicht nur um Geld. Es geht auch um praktikable Lösungen. Eine davon wird mein im Herbst erscheinendes Buch „Heimatküche für Diabetiker“ sein, wo ich unsere Traditionsrezepte von der „Grün Soß“ bis zur „Schweinshaxe mit Kraut“ verfeinere und verschlanke. Da werde ich die Menschen abholen, wo sie sind, nämlich bei unserem kulinarischen Erbe.
Schwarzwälder Kirschtorte als Zuckerzähmer
Ein Buch der Askese? Aber nicht doch! Gerade habe ich das Rezept für eine „Schwarzwälder Kirschtorte“ praktisch ohne Zucker abgeschlossen. Schmeckt grandios. Seien Sie gespannt!
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